Goldener Schnitt – das Einmaleins des Designs.
«Handwerk hat goldenen Boden» sagt ein altes Sprichwort. Mit gutem Handwerk lässt sich also viel Geld verdienen. Im Zusammenhang mit Design und dem sogenannten «Goldenen Schnitt» erhält dieses Sprichwort eine zweite Facette. Doch erst einmal sollten wir klären, was der Goldene Schnitt überhaupt ist.Zu den Wurzeln
Beim Goldenen Schnitt handelt es sich um das Teilungsverhältnis 1/1.618, ein Prinzip ästhetischer Proportionierung. Erstmals beschrieben in der griechischen Antike, wird er seit Jahrhunderten in Architektur und Kunst verwendet. Am eindrücklichsten kommt er in der Natur vor: Viele Pflanzen wenden bei der Anordnung ihrer Blätter den vom Goldenen Schnitt abgeleiteten Goldenen Winkel an. Dank diesem baden sie möglichst gleichmässig im Sonnenlicht. Auch im Tierreich findet man das Erfolgsrezept, beispielsweise im Haus von Weinbergschnecken.
Designbeispiel Oktopus
Der Goldene Schnitt ist auch Basis für die Goldene Spirale; das Verhältnis einer Form, Linie oder Strecke zur nächsten. Konkret entsteht sie, wenn sich ein Viertelkreis jeweils um Faktor 1.618 erweitert und an den vorherigen Viertelkreis anschliesst.
Raucht der Kopf vor Rechenleistung? Wir veranschaulichen mit einem grafischen Beispiel in drei Schritten. Sujet: ein Oktopus. Warum ein Oktopus? Weil er mit acht Armen eine echte Herausforderung ist. Und weil wir ihn für sein intelligentes, lernfähiges Wesen bewundern.
Schritt 1: Grobskizze
Starten wir mit bewährten Werkzeugen: Stift und Papier. Sie helfen dabei, mögliche Wege zu finden zur Vereinfachung komplexer Bildelemente. Ausgangslage ist eine fotorealistische Vorlage. Abzeichnen kann man freihändig oder mit Lineal und Zirkel. Ziel ist, erste Ideen zu sammeln für die Gestaltung der anspruchsvollen Ausgangsform im Goldenen Schnitt.
Schritt 2: Ausarbeitung
Am besten geht es mit Adobe Illustrator, dem Standardprogramm für Vektorgrafiken. Wir beginnen, die Goldene Spirale mehrfach auf der Skizze zu platzieren. So entsteht ein Raster als Grundlage. Ein Trick: Nicht zu viele goldene Spiralen einzeichnen. Manche Formen lassen sich besser in normalen Kreisen und Ellipsen darstellen. Steht das Grundraster, isolieren wir mithilfe des Cursors und dem «Ankerpunkt hinzufügen»-Werkzeug die entsprechenden Pfade und fügen sie zur Form zusammen. Beim Oktopus arbeiten wir jeden Arm einzeln aus für ein stimmiges Resultat.
Schritt 3: Finalisierung
Jetzt setzen wir alle Bestandteile des Oktopusses für die Reinzeichnung zusammen.
Am Schluss lohnt es sich, die Gesamtkomposition noch einmal mit dem Goldenen Schnitt abzugleichen. So stellen wir ein harmonisches Endresultat sicher.
Fazit
Es gibt viele Wege, gutes Design zu schaffen. Dazu gehört, sich mit geeigneten Werkzeugen und ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Der Goldene Schnitt ist ein seit Jahrhunderten bewährtes Mittel, in der Natur vorkommende Gesetzmässigkeiten für ästhetische Kreationen einzusetzen. Und auch wenn nicht alles Gold ist, was glänzt. Der Goldene Schnitt bringt auch im digitalen Zeitalter Dinge zum Strahlen.
Bonustrack:
Fibonaccis Formel für die Ewigkeit
Der Zusammenhang zwischen Goldenem Schnitt und den Fibonacci-Zahlen ist vielleicht noch vage aus dem Mathematikunterricht in Erinnerung. Der italienische Mathematiker Leonardo Fibonacci beschrieb im Jahr 1202 das Wachstum einer theoretischen Kaninchenpopulation. Aus einem Paar (unsterblicher und nach zwei Monaten reproduktionsfähiger) Kaninchen werden dank der hinzukommenden Kaninchenpaare schnell mehr: Aus dem Ursprungspaar werden im dritten Monat 2, im vierten 3, im fünften bereits 5 und im Monat darauf schon 8. Die Summe zweier aufeinander folgender Fibonacci-Zahlen ergibt die unmittelbar darauf folgende Zahl. Fibonaccis Zahlenfolge steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Goldenen Schnitt. Je weiter man die Reihe fortführt, desto mehr nähert sich der Quotient aufeinanderfolgender Zahlen dem Verhältnis des Goldenen Schnittes an.