Das Zürcher Parlament will Werbung im öffentlichen Raum stark einschränken.
Dieser Entscheid fiel Mitte März. Und meine linke Herzhälfte blutet. Verbieten, was nicht ins eigene Weltbild passt und damit wirtschaftlichen Schaden anrichten, ist kurzsichtig. Denn geworben wird weiterhin, einfach bei Zuckerberg, Musk und Co. Und nicht bei der VBZ oder APG. Wer kann so etwas wollen?Nach dem Entscheid des Zürcher Parlaments ist der Stadtrat jetzt in der Pflicht. Er muss innerhalb von zwei Jahren eine Verordnung ausarbeiten. Das Ziel: «Die Werbung im öffentlichen Raum verringern und bewegte Werbung auf Bildschirmen ganz verbannen». Die Einschränkungen gelten für alle Orte, die von der Strasse her einsehbar sind, also auch für die Werbeflächen privater Grundeigentümer sowie für Schaufenster.
Wie bitte?
Was sind die Argumente der Pro-Seite? Der Aussenwerbung könne man kaum ausweichen, sie «verschandle den öffentlichen Raum und beeinträchtige die Aufenthaltsqualität». Die Bevölkerung brauche keine «ständigen Erziehungsbotschaften» (wer erzieht hier wen?). Und die Stadt Zürich habe die Einnahmen vom «Ausverkauf des öffentlichen Raums» nicht nötig. Ja klar, sie schwimmt ja dank den Flughafen-Aktien im Geld, das kann man die KMUs ruhig spüren lassen. Man spricht von einer «invasiven Kommerzialisierung» des Strassenraums, die viele Menschen störe. Aussenwerbung behindere gar die «öko-soziale Transformation» der Wirtschaft. Ich verstehe nicht mal im Ansatz, was das bedeutet soll, aber es klingt leidig an den Haaren herbeigezogen.
Schwächung von Wirtschaft und Kultur
Ja, wir von Bühler & Bühler wären in Teilen auch von einem Verbot betroffen. Würde ich mich ebenfalls gegen dieses Verbot einsetzen, wäre dies nicht der Fall? Vielleicht nicht in Form eines Schriftbeitrags. Ich möchte hier auch nicht allzu polemisch werden. Aber die Frage umtreibt mich wirklich: Was ist die Intention dahinter? Wer gegen Konsum ist, soll halt weniger konsumieren. Dafür habe ich sogar Verständnis. Aber dann gleich einen ganzen Wirtschaftszweig abschneiden, ist maximal unklug. Vor allem, weil die Werbetreibenden dadurch nicht weniger Geld ausgeben. Sie tun es einfach an einem anderen Ort.
Das ist der springende Punkt
Die Werbegelder fliessen dann nämlich zu den ohnehin schon fürstlich reichen Tech-Unternehmen in den USA – die lokale Wertschöpfung geht verloren. «Keine animierten Plakate mehr an der Tramhaltstelle? Dann erhöhen wir halt die Frequenz bei Meta.» Nein, liebe Genoss:innen, das ist äusserst kurzsichtig. Denn ein solches Verbot würde auch der Stadt erhebliche Einnahmen entziehen (sie kann es sich ja leisten). Hiesige KMU werden geschwächt.
Aussenwerbung schafft indirekt Arbeitsplätze. Besonders für KMU ist sie ein unverzichtbares Mittel, um sich in einem kompetitiven Marktumfeld zu behaupten. Auch das Argument der Nachhaltigkeit verfängt nicht: Der eingesparte Strom wird auf den digitalen Kanälen wie Facebook, Instagram oder TikTok um ein Mehrfaches verbraucht. Einfach nicht in der Schweiz. Das ist an Kurzsichtigkeit wirklich nicht zu überbieten. Und wenn dann schon konsequent, verzichtet bitte auch auf politische Werbung. Aber diese wäre von einem solchen Verbot ausgenommen.
Das Plakat: ein Schweizer Kulturgut
Wer stört sich eigentlich an Plakaten? Über gelungene Kampagnen reden die Leute, sie kommen nach Jahren oder Jahrzehnten gar in eine Ausstellung und werden zum Kulturgut. Zudem sind sie weniger aufdringlich als manche Onlinewerbung. Wer war schon mal im Museum für Gestaltung Zürich und hat sich die reiche Vergangenheit an Schweizer Plakatkunst angeschaut? Sie gehört zu unserem Land ebenso wie andere Industrie- und Kreativzweige. Man kann über gute und weniger kreative Werbung diskutieren, aber darum geht es hier nicht.
Sollte das Stimmvolk in zwei oder mehr Jahren wirklich über diese Frage entscheiden müssen, hoffe ich sehr stark auf eine klare Ablehnung an der Urne.
Was hältst du von diesem Werbeverbot?